Ressourcen teilen

von faktor c
Konkrete Tipps zum Umgang mit den Gütern

Wir wissen, dass ein allzu konsumorientierter Lebensstil die Schöpfung schädigt. Wie kann es besser gehen? Eine Antwort lautet „Ressourcen teilen“, meint die Autorin des folgenden Beitrags. Gedacht ist er zuerst für christliche Gemeinden, doch auch Unternehmen und andere Organisationen können sich von den Ideen inspirieren lassen. Der Text stammt aus dem neuen Buch „fromm + grün“ (Neukirchener Verlag), das die Schöpfungsveranwortung und Nachhaltigkeit in den Blick nimmt.

Ich schreibe in einem Pullover und Gilet (Weste), welche nicht mir gehören. Ich habe sie von „TEIL“ ausgeliehen. Im Mai 2020 haben mein Mann und ich, zusammen mit meinem Bruder und meiner Schwägerin, dieses Unternehmen gegründet. Ein Ort, in dem man nicht in erster Linie Kleider kauft, sondern leiht. Im Grunde funktioniert es wie eine Bibliothek, aber für Kleider. Ich leihe mir je nach Abo eine Anzahl Kleider aus, und wenn ich Abwechslung brauche, bringe ich sie gewaschen wieder zurück. Wir gehen davon aus, dass wir nicht alle Kleider selbst besitzen müssen. Viele Kleider in unseren Schränken werden nur wenig getragen. Stil und Abwechslung im Kleiderschrank und dabei die Umwelt zu schonen, das macht „TEIL“ möglich

„TEIL“ ist keineswegs eine Initiative unserer kirchlichen Gemeinschaft und davon gänzlich unabhängig. Dennoch würde ich sagen, dass diese Gemeinschaft uns in unserem Tun beeinflusst hat. Zum einen, weil sich unsere Gemeinde als Nährboden im Bereich Nachhaltigkeit versteht. Und zum anderen, weil explizit und implizit immer wieder thematisiert wird, dass es nicht um Programme, sondern vielmehr um einen nachhaltigen Lebensstil jedes Einzelnen geht.

Gemeinde als Nährboden

Ich glaube, die christliche Gemeinde ist dazu aufgefordert, ein guter und fruchtbarer Nährboden zu sein. Ein Boden, auf dem Ideen, Initiativen und Projekte wachsen und gedeihen können. Nährboden hat viel damit zu tun, bottom up (von unten her) Dinge entstehen zu lassen und sie zu feiern, anstatt alles top down (von oben her) zu organisieren. Es bedeutet, Hindernisse aus dem Weg zu räumen, damit Initiativen im Alltag von Menschen einfach entstehen können. Für die christlichen Gemeinden kann es heißen, über diese Initiativen zu sprechen und sie ganz praktisch oder finanziell zu unterstützen.

Und es bedeutet, für diese Initiativen zu beten. Zum Beispiel, indem die Gründungsphasen in einem Gebetsmail mitgetragen werden. Die kirchliche Gemeinschaft muss sich meiner Meinung nach regelmäßig fragen, ob und wie sie ein guter Nährboden sein kann, damit Initiativen zum Ressourcen teilen einfach entstehen können.

Nährboden zu sein, kann auch heißen, mit offenen Augen in der Gesellschaft zu stehen und so lokale Initiativen wahrzunehmen und sich dort einzubringen. Ich glaube, es ist nicht erstrebenswert, dass christliche Gemeinschaften im Bereich Ressourcen teilen alles selbst machen. Zu schnell werden bereits bestehende, tolle Initiativen in der politischen Gemeinde oder anderen Organisationen übersehen. Zu schnell wird in der christlichen Gemeinde eine Parallelstruktur aufgebaut, anstatt sich mit bereits bestehenden Initiativen zu vernetzen.

Gleichzeitig ist es wertvoll, wenn christliche Gemeinschaften als gutes Beispiel vorangehen, indem sie selbst aktiv und bereit werden, den guten Absichten konkrete Taten folgen zu lassen. Und ich glaube, die Kunst ist es, beide Aspekte in guter Balance zu halten. Im folgenden Teil möchte ich einige Ideen und Beispiele aufführen, wie die christliche Gemeinde aktiv werden und ganz konkret Ressourcen teilen kann.

Räumlichkeiten teilen

Ich bin in einer christlichen Gemeinde aufgewachsen, die selbst bei über 1.000 zugehörigen Menschen keine eigenen Räumlichkeiten besaß. Damals war nicht der Gedanke ausschlaggebend, Ressourcen zu teilen. Trotzdem ist es für mich ein Beispiel, wie Gemeindeleben auch ohne eigene Räume funktionieren kann. Nachdem wir uns nach Jahren des Nomadenlebens fest in einer Freikirche eingemietet haben, hat unsere Gastgebergemeinde einen Gottesdienst am Morgen durchgeführt, und wir konnten im Anschluss drei Gottesdienste durchführen (vor der Corona-Zeit).

Die Coronapandemie hat unsere Einstellung zu Gemeinderäumlichkeiten schonungslos offenbart. Braucht überhaupt jede christliche Gemeinde ihre eigenen Räume? Wäre nicht jetzt die Möglichkeit, etwas zu ändern? Könnte es zum Standard werden, dass Gemeinderäumlichkeiten geteilt werden? Oder dass wir Räumlichkeiten im öffentlichen Raum mieten, welche sonst am Sonntag leerstehen?

Können wir die oft sehr zentral gelegenen Gemeinderäumlichkeiten bewusst mit der politischen Gemeinde oder anderen Organisationen teilen? Zum Beispiel als Schulungs- und Ausbildungsräume für geflüchtete Menschen? Oder im Sinne von Ressourcen teilen für einen lokalen Flohmarkt oder ein Repair-Café zur Verfügung stellen. In einigen Fällen wird wohl eine Umgestaltung der Räumlichkeiten notwendig und unumgänglich sein, sodass die Räumlichkeiten zum einen modular nutzbar, aber auch attraktiv für unterschiedliche Nutzer werden.

Keine eigenen Räumlichkeiten zu besitzen oder sie mit anderen zu teilen, wird Gewohnheiten verändern. Es benötigt bewusste Entscheidungen und Beziehungsarbeit. Es wird wesentlich sein, visionsgetrieben zu kommunizieren und die Gemeindemitglieder mit in diese Vision hineinzunehmen. Das wird in vielerlei Hinsicht Energie kosten. Aber genauso tun das Räumlichkeiten, die nur punktuell genutzt werden und zum großen Teil leer stehen.

Fahrzeuge teilen

Ich erinnere mich, dass es in der christlichen Gemeinde meiner Oma früher eine Bibliothek gab. In Bezug auf Ressourcen teilen ist das eine gute Idee. Wieso nicht eine Plattform schaffen, ob virtuell oder physisch, wo die Gemeindeglieder Bücher teilen können? Vielleicht könnte die Jugendgruppe eine virtuelle Plattform dafür entwickeln.

Vielleicht ist es aber auch einfach ein attraktiv gestalteter Bücherschrank in der Café-Ecke, in den Bücher hereingelegt und wieder herausgenommen werden können. Diese Plattformen müssen nicht auf Bücher beschränkt bleiben, sondern können durch Gesellschaftsspiele oder auch Kinderspielsachen erweitert werden. Vielleicht kann das Angebot auch für das Quartier geöffnet werden.

Wahrscheinlich haben viele kirchliche Gemeinschaften eine große Menge an Mobiliar für besondere Anlässe wie zum Beispiel Festbänke, Geschirr oder vielleicht Dinge wie eine Popcorn-Maschine, welche sie unkompliziert zum Ausleihen zur Verfügung stellen könnten. Auch Werkzeuge und Gartengeräte, die nicht ständig gebraucht werden, könnten mit anderen gemeinsam genutzt werden. Dazu sind bewusste Entscheidungen nötig und die Bereitschaft, eine „zweite Meile" zu gehen.

Ein weiteres einfaches Beispiel sind Gemeindefahrzeuge, welche nicht durchgehend benutzt werden. Eine gemeinsame Nutzung von zwei oder mehreren christlichen Gemeinden könnte die Auslastung erhöhen. Vielleicht bezahlt die Gemeinde auch einfach ein Carsharing-Abo und hat so bei Bedarf Zugang zu Fahrzeugen.

Wohnraum teilen

Wohnraum zu teilen ist eine weitere Möglichkeit, nicht nur Einsamkeit vorzubeugen, sondern genauso den CO2-Verbrauch zu senken. Die christliche Gemeinde kann hierfür Vernetzungsplattform werden, damit sich Menschen finden, die in Wohngemeinschaften oder Mehrgenerationen-Häusern gemeinschaftlich wohnen möchten. Oft scheitert dies an der Hürde der praktischen Umsetzung. Hier hat die christliche Gemeinde das Potenzial, Menschen nicht nur für das gemeinschaftliche Leben zu begeistern, sondern sie genauso auch dafür auszurüsten.

Events

Eine kirchliche Gemeinschaft kann aktiv Events rund ums Ressourcen teilen lancieren. So wie das beispielsweise die reformierte Kirchgemeinde Breite in Nürensdorf tut, welche regelmäßig Repair-Cafés organisiert. Oder die „Bewegungplus“ in Burgdorf, welche Kinderkleiderbörsen und Kleidertauschpartys organisiert.

Bei eigenen Events wie Seminaren und Konferenzen kann die christliche Gemeinde außerdem einen hohen Standard in Bezug auf Ökologie und Nachhaltigkeit setzen. Ressourcen teilen kann zum festen Bestandteil des Eventmanagements gemacht werden. So können beispielsweise Geräte, die nur einmal im Jahr für eine Veranstaltung gebraucht werden, bewusst gemietet werden, anstatt sie während eines Jahres ungenutzt im Keller zu lagern. Falls eine Anreise mit ÖPNV schwierig ist, kann eine Plattform zur Verfügung gestellt werden, worauf ganz einfach Fahrgemeinschaften gebildet werden können. Wichtig ist, die Personen im Eventmanagement entsprechend zu schulen und zu sensibilisieren.

Kommunikationsplattformen

Was öffentlich gemacht wird, bekommt Beachtung. Wieso nicht einen Bereich auf der Webseite zum Thema Nachhaltigkeit/Ressourcen teilen erstellen? Auf dieser Seite können Mitglieder inspiriert und Ideen geteilt werden. Sie könnte auch eine Liste enthalten mit Veranstaltungen, welche diese Themen im Fokus haben. Wie beispielsweise lokale Repair-Cafés, Flohmärkte oder Ausleihstationen.

Nicht nur virtuelle Plattformen können hilfreich sein. Auch physische Möglichkeiten zum Austausch sind es. Sei es ein Stammtisch im Kirchenkaffee zum Thema Ressourcen teilen oder falls die kirchliche Gemeinschaft „Kleingruppen nach Maß" kennt, eine thematische Kleingruppe gleichgesinnter Menschen, die dort zusammenkommen und andere ermutigen, erste Schritte zu wagen. Weiter können Personen, die predigen, darauf achten, eigene Beispiele, wie sie Ressourcen teilen, in die Predigten einfließen zu lassen.

Fazit

Diese Liste ist keinesfalls abschließend zu verstehen. Die Beispiele sollen dazu einladen, sich als christliche Gemeinden ganz praktisch mit dem Thema auseinanderzusetzen. Diese Auseinandersetzung wird nicht einmalig sein. Denn es geht immer um die Frage, wie nachhaltiges Leben und im Besonderen das Teilen von Ressourcen zum Lebensstil werden kann. Dies gilt nicht nur für die christlichen Gemeinden als Ganze, sondern vor allem auch für die Menschen, die sich zu diesen Gemeinschaften zählen. Die Veränderung des Lebensstils hat mit Gewohnheiten zu tun und Gewohnheiten zu verändern braucht Intentionalität und viel Zeit.

Gekürzter Auszug aus: Debora Alder-Gasser, Ressourcen teilen, in: Thomas Kröck / Heinrich Christian Rust (Hg.), fromm + grün. Schöpfungsverantwortung und Nachhaltigkeit in der christlichen Gemeinde. © 2022 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, S. 229-234.

Dieser Artikel ist in der Zeitschrift faktor c Magazin, Ausgabe 3/22, erschienen

faktor c
faktor c mit Sitz in Würzburg ist ein überkonfessioneller Zusammenschluss von Christen aus den Bereichen Handwerk, Handel, Dienstleistung und Industrie.

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