Was kann man sich unter einer Schöpfungsleiter vorstellen?
Die EmK wollte gerne ein Modell für Gemeinden haben, das sie motiviert, sich auf den Weg der Schöpfungsbewahrung zu machen und ihnen die Möglichkeit einer schöpfungsgemäßen Zertifizierung bietet. In der Entwicklung kam das Bild einer Leiter auf, als Sinnbild für: Ich hab etwas Motivierendes, wo ich hochsteigen kann, das gemeinsam mit anderen erklommen wird. Da ist ein bisschen Kraftakt dabei, aber dann hat man auch von oben einen Überblick auf alles Geschaffte. Diese Leiter ist nun sowohl ein bildlicher als auch ein praktischer Teil des Zertifizierungsprozesses.
Inwiefern?
Jede Gemeinde bekommt zu Beginn von ihrem sogenannten Prozessbegleiter oder ihrer Begleiterin ein physisches Modell einer Leiter mit vier Sprossen. Durch die Aktionen, die sie im Laufe der Zeit umsetzen, können sie weitere Leitersprossen hinzugewinnen, die in das Modell eingefügt werden. Durch die ursprünglichen vier Sprossen entstehen ja automatisch drei Innenbereiche in der Leiter. Diese symbolisieren Bibel, Gemeinde und Welt, in denen die Aktionen für die Zertifizierung angesiedelt sind. In jedem Bereich sollte eine Gemeinde letztendlich mit drei Aktionen drei weitere Sprossen dazu bekommen.
Was verbirgt sich inhaltlich hinter den Bereichen?
Anfangs sollen die Gemeinden sich erst mal im Bereich Bibel mit der Schöpfungstheologie beschäftigen und in der Schrift forschen: Was steht da dazu, wo kommt das vor? Mit dem, was sie da gelernt haben, können sie aktiv werden und quasi das eigene Gemeindeleben auf den Prüfstand stellen und hinterfragen: Was heißt das dann konkret für unseren Glauben und unseren Auftrag als Christen? Der nächste Schritt wäre dann, das Gute, was die Gemeinden erkannt und erlebt haben, nach draußen in die Nachbarschaft zu tragen und wiederum auch der Welt was zugutekommen zu lassen. Die Bereiche gehen aber auch ineinander über.
Können die Gemeinden selbst entscheiden, welches Format ihre Aktivitäten haben sollen?
Ja, wir geben da bewusst wenig bis keine formellen Vorgaben. Ob das jetzt ein Gottesdienst ist, ein Nachbarschaftsfest, eine Aktion im Haus, ob sie sich beim Klimafasten beteiligen, oder was auch immer.
Welche Themen stellen die Gemeinden erfahrungsgemäß intern auf den Prüfstand?
Die einen schauen mal ihre Reinigungsmittel an, die anderen wollen ihre Energieart angehen. Sonst sind zum Beispiel die Gebäudeeinrichtung, die Gartengestaltung, oder der Einkauf übliche Themen: Wo kaufen wir Kaffee? Wieviel Fleisch gibt es beim Gemeindefest? Das klingt nach einem Prozess, der nie so richtig fertig sein kann. Natürlich ist die Leiter irgendwann voll, wenn alle neun Sprossen im Holzleitermodell stecken. Aber beispielsweise sind unsere zwei Pilotgemeinden jetzt in der Verstetigungsphase. Da haben wir den Anspruch, dass sie jedes Jahr mindestens eine der Sprossen erneuern. Der Gedanke ist: Eigentlich sind wir nie fertig und wollen das auch gar nicht sein, sondern wollen uns stetig weiterentwickeln.
Was bringt das Zertifikat einer Gemeinde?
Also tatsächlich erstmal keine wirtschaftlichen oder sonstigen Vorteile. Ich sehe es vor allem als Chance, dankbar zurückzublicken auf das, was schon geschafft ist und als Motivation zum weitermachen. Und man kann es natürlich für die Öffentlichkeitsarbeit nutzen. Die Zertifikate hängen die Gemeinden in der Regel irgendwo im Foyer oder im Kirchenraum sichtbar aus, dann gibt es noch die Plakette für die Außentüren. Damit kann man der Nachbarschaft zeigen: Wir sind eine schöpfungsgemäße Gemeinde, wir wollen Verantwortung für die Welt, für diese Umgebung übernehmen. Ich denke, das ist in der heutigen Zeit durchaus was wert, auch für die Glaubwürdigkeit.
Wie reagieren Gemeinden auf die Schöpfungsleiter?
Also es gibt natürlich die, die selbst schon engagiert sind in der Umweltarbeit, die total offen sind und dann gibt es andere, die sagen: Nein, das ist nicht unser Auftrag als Christen, wir haben den Auftrag ins Missionarische. Und genau für die ist aber diese Frage wichtig: Wenn wir an Gott als Schöpfer glauben, dann sind wir Geschöpfe. Was heißt denn das eigentlich? Kann ich diese Themen überhaupt trennen? Es wird sicherlich immer Gemeinden geben, die sagen: Nee, das wollen wir nicht, lass uns damit in Ruhe. Im ersten Schritt möchte ich jetzt die erreichen, die von sich aus schon eine gewisse Motivation haben und vielleicht nur noch den einen oder anderen Anstoß brauchen, denn die reißen dann vielleicht andere mit.
Was erleben Sie als größte Stärke der Schöpfungsleiter?
Dass sie nicht unbedingt ein zusätzliches Programm für eine Gemeinde darstellen muss. Es gibt sowieso Gottesdienste, Hauskreise, Bibelstunden und sonstige Aktionen, die macht man ja nicht extra für die Schöpfungsleiter, aber man macht sie dann anders. Man nimmt ein anderes Thema mit hinein. Das sehe ich als einen großen Pluspunkt im Vergleich zu anderen Programmen, ebenso die spirituelle Dimension, das gemeinsame Forschen in der Bibel. Das erleben wir als sehr fruchtbar und positiv.
Haben Sie einen Wunsch für die Zukunft der Schöpfungsleiter?
Ich würde mir wünschen, dass der Einsatz für die Schöpfung immer selbstverständlicher wird und mehr Gemeinden Lust haben, miteinzusteigen. In dem Sinne will ich alle Gemeinden einladen, sich da Gedanken zu machen und für die Schöpfung tätig zu werden. Das nicht irgendwo als Randthema zu sehen, sondern mehr in den Gemeindealltag zu integrieren und Verantwortung zu übernehmen für unserer Welt, die Gottes Schöpfung ist.
Interview: Liesa Dieckhoff
Stefan Weiland ist selbstständig als Auditor und Berater in den Bereichen ISO-Normen, Qualität, Energie und Umwelt. Für die EmK ist er freiberuflich als Umweltbeauftragter für Deutschland tätig. Mit seiner Familie lebt er in Mögglingen bei Stuttgart.
Kurz erklärt
Die Schöpfungsleiter ist ein Zertifizierungsmodell der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) in Deutschland, das Gemeinden aller Konfessionen „schöpfungsgemäßes“ Handeln bescheinigt. In dem Prozess werden in den drei Bereichen Bibel, Gemeinde und Welt selbst gewählte Aktionen in der eigenen Gemeinde oder im Umfeld umgesetzt, die zur Zertifizierung führen. Damit können Gemeinden für sich werben und selbst motiviert im Prozess der Umweltbewahrung bleiben.